Vor über 20 Jahren wirkte ich als Gesundheitsökonom in nationalen Arbeitsgruppen mit, wo wir zusammen mit anderen Experten auf die Beseitigung eines Fehlanreizes im Bereich der medizinischen Kernversorgung hinwirkten. Wir gaben damals die Empfehlung ab, die Spitalleistungen aus einer Hand zu finanzieren. Die einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (kurz EFAS) soll die Akteure – insbesondere die Spitäler – dabei unterstützen, mehr Leistungen ambulant durchzuführen. Das ist erstens angenehmer für die Patientinnen und Patienten und hat zweitens einen kostendämpfenden Effekt, da die ambulanten Behandlungskosten selbstverständlich viel tiefer sind als die Kosten für einen stationären Spitalaufenthalt.
Diese zentrale Finanzierungsreform im Gesundheitswesen der Schweiz ist nun bereits seit über 14 Jahren auch Gegenstand der parlamentarischen Beratungen im Bundesparlament. Das ist eine unglaublich lange Zeit! Seit Jahren wird die Reform verzögert und hinausgeschoben, obwohl die positiven Effekte unbestritten sind. Indem die Kantone vor einigen Jahren mit der Integration der Pflegefinanzierung neue Bedingungen stellten, wurde die Komplexität der Gesamtvorlage massiv erhöht. Bildlich gesprochen wurde das «Fuder» überladen und die Absturzgefahr entsprechend erhöht. Bis vor wenigen Monaten sah es so aus, als ob EFAS auf Anfang 2024, nach jahrelangem politischem Hin und Her und unzähligen neu eingefügten Bedingungen, endlich umgesetzt werden könnte. Aber weit gefehlt. Es gibt immer noch unvereinbare Standpunkte und der Reformzug hat das Ziel noch immer nicht erreicht. Für mich handelt es sich vorliegend um ein zwanzigjähriges Trauerspiel und ein klassisches Beispiel eines Politikversagens.
Am 22. Oktober 2023 haben wir unser Bundesparlament für eine neue Legislaturperiode bestellt. Die neu oder wiedergewählten Parlamentarierinnen und Parlamentarier beginnen das politische Spiel aber nicht bei null. Auch in der Gesundheitspolitik sind die nicht abgeschlossenen Geschäfte der zu Ende gehenden Legislaturperiode weiterzuführen. Nicht nur beim EFAS-Projekt, sondern auch beim dringlich erforderlichen Ausbau der Prämienverbilligung bei der obligatorischen Krankenpflegeversicherung wird sich rasch zeigen, ob das neue Parlament die Zeichen für längst fällige Anpassungen erkennt. Gefordert sind hier neben dem Bund auch die Kantone, auch der Kanton Basel-Landschaft. Aufgrund des erneut starken Anstiegs der Prämien im nächsten Jahr ist es zur Sicherung der Kaufkraft aus meiner Sicht unabdingbar, den Kreis der Bezugsberechtigten auch in unserem Kanton auszuweiten und somit den Mitteleinsatz bei der Prämienverbilligung zu vergrössern. Da die bisherigen Beschlüsse des Bundesparlamentes zur Prämienentlastung völlig unzureichend sind, kommt es im nächsten Jahr auch zu einer Volksabstimmung über die Prämien-Entlastungsinitiative der SP. Bei diesem Politikversagen hat somit das Volk – einmal mehr – das letzte Wort.
Erstmals erschienen in der Volksstimme vom 3. November 2023.