Ein paar Fragen im Zusammenhang mit der Unternehmenssteuerreform III

Leserbrief in der ObZ vom 19. Januar 2017

Der Anteil der Schweizerunternehmen, die jährlich bis zu 5 Mio versteuern betrug im 2011 58 %. Bei den Steuerbeträgen über 5 Mio ist der Anteil der Statusgesellschaften höher, nämlich 60 %. Es sind aber nur gerade 139 Unternehmen d.h. ½ % der in der Schweiz ansässigen Statusgesellschaften, oder sogar nur 0,1 % aller registrierten Unternehmen in der Schweiz.

Hier liegt meines Erachtens ein massives Klumpenrisiko mit oder ohne Unternehmenssteuerreform. Die meisten, nämlich 15’523 ausländische Firmen oder 64 %, zahlen gar keine Steuern. Weitere 20 % zwischen 0-10’000. Also für total 84 % der Statusgesellschaften muss die Schweiz ohne angemessene Gegenleistung Infrastrukturleistungen erbringen. Soviel zu den Fakten.

Ich möchte den Fokus noch auf Grundsätzliches legen.

  1. In unserer Bundesverfassung heisst es in der Präambel u.a., dass Unabhängigkeit und Frieden in Solidarität und Offenheit gegenüber der Welt gestärkt werden sollen. Wie lässt sich dann ein Raubzug mit fiskalischen Sonderbedingungen auf das lebenswichtige Steuersubstrat von Entwicklungsländern vereinbaren? Ist es nicht genug, dass diese Länder von Grosskonzernen, die wir beschenken  – höflich ausgedrückt –  übervorteilt werden. Haben wir die in der Vergangenheit begangenen Fehltritte, wie Raubgold, Raubkunst, Geschäfte mit Apartheidsystem, Potentaten usw. vergessen?
     
  2. Im weiteren heisst es, dass sich die Stärke eines Volkes am Wohl der Schwachen misst. Wie kann man dann Steuergesetze so biegen, dass die Kluft zwischen Arm und Reich immer grösser wird?
     
  3. In Art. 61a heisst es: Bund und Kantone sorgen gemeinsam im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für eine hohe Qualität und Durchlässigkeit des Bildungsraumes Schweiz. Lassen sich die Kürzungen im Bildungswesen allenfalls damit rechtfertigen, dass man Fachleute aus dem Ausland einkaufen kann?

Anstatt die Steuern für die Holdings usw. zu erhöhen, sollen die Steuern für die CH-Unternehmen gesenkt werden. Die Steuerausfälle dürften jährlich rund 3 Milliarden betragen, also Geschenke an die falsche Adresse, nämlich die Grossverdiener. Das Geld fehlt bei Bund, Kantonen und Gemeinden. Der Mittelstand wird dazu verknurrt, diese Zeche zu bezahlen, und wird mit Kürzungen im Bildungs-, Kultur- und Sozialbereich bestraft.

Wenn die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz nur noch darin besteht, u.a. Entwicklungsländern das dringend notwendige Steuersubstrat zu entziehen, ist es vielleicht eine Frage der Zeit, bis die Schweiz AG einer unfreundlichen Uebernahme zum Beispiel der Chinesen zum Opfer fallen wird.

Es ist höchste Zeit, gewisse Verhaltensweisen zu ändern. Wenn Sie Wert auf eine Umkehr legen, dürfte Ihnen ein NEIN am 12. Februar 2017 leicht fallen.


Heinz Sehweingruber,
Kilchberg

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