Fakt ist, dass die konservative Schweiz im internationalen Vergleich ziemlich weit abgeschlagen ist, wenn es um gute Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie geht. Und ebenfalls richtig wird im Leitartikel dargestellt, dass der Kanton Baselland bei einem Vergleich unter den Kantonen sehr schlecht abschneidet und einen der hintersten Ränge belegt. Die hohen Kita-Gebühren sind einer der Hauptgründe, weshalb sich viele Familien gegen eine wunschgemässe Aufteilung von Betreuungs- und Erwerbsarbeit entscheiden und insbesondere viele Frauen für eine lange Dauer aus dem Erwerbsleben ausscheiden und in ihrer Berufsbiographie entscheidende Lücken haben.
Die Behauptung, dass bei einer Annahme der Initiative die Unterschicht und der Mittelstand den Millionären die Kinderbetreuung bezahlen, ist aber schlicht Unsinn. Über die Steuerprogression beteiligt sich das doppelverdienende Manager-Ehepaar umso stärker an den Betreuungskosten, während Familien mit tiefen Einkommen und Mittelstandsfamilien entlastet werden. So funktioniert eine solidarische Gesellschaft, die den sozialdemokratischen Werten entspricht. Und diese Werte beinhalten eben nicht, dass die Väter mehr zu Hause sein sollen oder müssen, sondern dass die Strukturen so sind, dass jede Familie das für sie passende Erwerbs- und Betreuungsmodell wählen kann.
Die gesellschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte hat gezeigt, dass eine trennscharfe Abgrenzung von Erziehung, Bildung und Betreuung nicht möglich ist. Auch die entwicklungspsychologische und erziehungswissenschaftliche Forschung bestätigen das. Gerade an den Schulen wird diese Entwicklung sichtbarer denn je, wenn wir den Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsauftrag der Schulen betrachten. Deshalb möchte die SP ja die familienergänzende Betreuung im Vorschulalter auf freiwilliger Basis auch als Bestandteil des Service Public institutionalisieren, um auch die Sozialisation, die Enkulturation, die Integration und das soziale Lernen zu fördern.
Zu guter Letzt ergibt die Initiative auch aus volkswirtschaftlicher Sicht Sinn, da jeder investierte Steuerfranken um ein Vielfaches an den Staat und die Volkswirtschaft zurückfliesst. Wir können es uns schlicht nicht leisten, dass gut ausgebildete Fachkräfte sich aus dem Arbeitsmarkt zurückziehen, sobald sie Eltern werden. Die Initiative ist also aus bildungspolitischer, gleichstellungspolitischer und volkswirtschaftlicher Sicht sinnvoll. Sie löst ein reales Problem vieler Menschen – das haben unter anderem auch die über 3’200 Unterzeichnenden innerhalb eines Tages gezeigt – und schafft fortschrittliche Strukturen. Ob es damit europaweit an die Spitze reicht, bleibt zu hoffen.