Unbestritten, dass der Gotthardtunnel in einigen Jahren saniert werden muss. Dafür ist kein zusätzlicher Drei-Milliarden-Tunnel nötig. Denn dank dem neuen Eisenbahntunnel Neat kann der Verkehr während der Sanierung auf die Schiene verladen werden. Damit wird der alpenquerende Güterverkehr endlich von der Strasse auf die Schiene verladen, wie es die vom Volk angenommene Alpen-Initiative vorsieht. Nur wenige Wochen vor der Eröffnung des Jahrhundertbaus Neat einen neuen Strassentunnel zu beschliessen, ist wahrlich unsinnig und unökologisch.
Das Tessin ist mit dieser Verladung bestens erreichbar. Denn die Neat verkürzt die Reisezeit um eine halbe Stunde! Das freut die Tessiner, schliesslich haben sie bisher immer gegen den Bau einer zweite Röhre gestimmt. Viele Stadtpräsidenten im Tessin stellen sich ebenfalls dagegen.
Auch finanziell gibt es ein Problem mit der zweiten Röhre: Die Rechtskonservativen behaupten, auch wenn drei Milliarden am Gotthard verlocht würden, fehle dieses Geld nirgendwo. Ist das etwa eine Ankündigung für eine nationale Steuererhöhung? Natürlich fehlt das Geld; jeder Franken kann schliesslich nur einmal ausgegeben werden. Ganz bitter ist das gerade deshalb, weil es in den Agglomerationen tatsächlich echte Verkehrsprobleme gibt, die gelöst werden müssen. Und das kostet.
Der Verkehr würde zunehmen
Die Rechten behaupten, beide Röhren würden jeweils nur einspurig befahren werden, wenn die Sanierung abgeschlossen ist. Das glaubt kein Mensch. Selbst Bundesrätin Leuthard sagte 2010 in einer Kommission: «Wir bauen ja kaum zwei Tunnel und lassen je eine Spur leer. Das ist meines Erachtens scheinheilig.» Die Erfahrung zeigt: Gebaute Verkehrsinfrastruktur wird auch genutzt. Der Druck aus dem In- und Ausland wird steigen. Oder geben wir etwa drei Milliarden für einen Pannenstreifen aus? Sobald die beiden Gotthardröhren je zweispurig befahren werden können, wird auch der Verkehr zunehmen. Bis zu doppelt so viele Lastwagen werden statt dem Brenner den direkteren Gotthard nehmen. Verstehen CVP, FDP und SVP das unter Alpenschutz? Ausserdem wird es auch Mehrverkehr für die Region Basel geben. Mit vier Spuren wird die Route Basel–Chiasso zur schnellsten Nord-Süd-Verbindung durch die Alpen.
Die Baselbieter Sektionen der CVP, FDP und SVP verhalten sich hier immerhin konsistent. Denn bereits im letzten November wollten sie mit dem Elba-Ausbau für 1,8 Milliarden Luxustrassen und -tunnels bauen, statt für weniger Geld kluge, ausgewogene Lösungen zu suchen. Zum Glück hat das Volk dazu mit 61 Prozent Nein gesagt und damit dem rot-grünen Referendum zugestimmt. Wir hoffen, dass auch der nächste unökologische Geldverschwendungsversuch der Rechten vom Volk gestoppt wird. Am 28. Februar Nein zur zweiten Gotthardröhre!
Adil Koller wohnt in Münchenstein und ist Co-Präsident der SP Baselland;
Florence Brenzikofer wohnt in Oltingen und ist Präsidentin der Grünen Baselland