Unverständliche Prioritätensetzung

Gastkommentar in der bz vom 02.12.2015, 2. Gotthardröhre:

Christoph Buser und Baudirektorin Sabine Pegoraro luden gemeinsam zu einer Medienkonferenz in Liestal. Dort machten sie Werbung für eine zweite Strassenröhre durch den Gotthard. Den Zusammenhang zwischen dem Gotthard und dem Baselbiet versuchte Pegoraro mit einer direkten Betroffenheit zu erklären: Der Gotthardstrassentunnel muss saniert werden. Falls das Stimmvolk die zweite Röhre im nächsten Februar ablehnt, wird eine Sanierung mit Bahnverlad über eine lange rollende Landstrasse ins Auge gefasst. Konkret bedeutet dies, Lastwagen würden im Raum Basel auf die Schiene verladen und so bis Chiasso gebracht. Pegoraro ist sich sicher, dass dieses Vorhaben zu Mehrverkehr in unserer Region führen würde. Camions aus dem Inland müssten laut Pegoraro neu zuerst nach Basel zur Verladestation fahren. Diese Aussage wirft Zweifel auf, ob Pegorara die nationalen Verkehrsströme überhaupt versteht. Denn der Neat-Basistunnel bietet genügend Kapazität für zwei rollende Landstrassen. Zusätzlich zur Strecke Basel-Chiasso können so weitere 1140 Lastwagen pro Tag und Richtung zwischen Erstfeld und Biasca auf der Schiene transportiert werden. Der Binnenverkehr sowie hiesige Import- und Exportfahrten nutzen selbstverständlich diese kurze rollende Landstrasse und fahren sicher keine Extraschlaufe über Basel.

Ein weiteres Argument Pegoraros war, dass die Verladestation und die Warteräume für die lange rollende Landstrasse in Basel Platz bräuchten, der nicht vorhanden sei. Dem widerspricht Jost Wichser – ehemaliger ETH-Dozent und seinerzeitiger Konstrukteur des Autoverlads Vereina – vehement. In einer Studie kommt er zum Schluss, dass das bestehende Bahnareal in Basel ausreichend Platz für Terminals bietet. Dieselbe Studie entkräftet auch die Behauptung von Christoph Buser, dass die Sanierung mit Bahnverlad im Vergleich zur zweiten Röhre unverhältnismässig teuer sei. Wichser rechnet in seinem Bericht zusammen mit Bereichsleitern der SBB nämlich vor, dass die Sanierung mit Bahnverlad fast zwei Milliarden weniger kostet als eine zweite Röhre. Dabei handelt es sich um Geld, das für die Lösung der drastischen Verkehrsprobleme in den Agglomerationen eingesetzt werden kann. Auch im Baselbiet stehen solche grossen Herausforderungen an: Pegoraro betonte an der Medienkonferenz vor allem auch die Sanierung der A18 und der Umfahrung Liestal. Wenn die Baselbieter Baudirektorin schon mit zweifelhaften Argumenten für einen weiteren milliardenteuren Strassentunnel durch die Alpen weibelt, täte sie gut daran, auch die kantonalen Strassenprobleme mit der notwendigen Ernsthaftigkeit anzugehen. Gerade in Bezug auf die A22 in Lausen hat die Bau- und Umweltdirektion (BUD) massiv an Glaubwürdigkeit eingebüsst. Der Hochleistungsstrassenabschnitt quer durch Lausen ist in einem alarmierend desolaten Zustand. Besonders brisant: Die Lärmschutzwände sind veraltet, viel zu niedrig und überhaupt nicht zweckmässig. Direkt neben dichtem Wohngebiet gibt es in Lausen derzeit teilweise gar keine Lärmschutzmassnahmen auf der A22. Bei täglich rund 16’000 Fahrzeugen ist dies untragbar. Die BUD hat diesen Missstand indes schon lange erkannt: In einer Mitteilung aus dem Jahr 2011 versprach die Baudirektion, bis im Zeitraum 2013/2014 durchgehend vier Meter hohe Lärmschutzwände auf der A22 entlang Lausen zu errichten. Passiert ist seither nichts. Auch im jetzt geplanten Erneuerungs- und Erweiterungsprojekt der Umfahrung Liestal sind diese längst überflüssigen Lärmsanierungen in Lausen nicht enthalten. Stattdessen verschlechtert sich der Zustand des Lausner Strassenabschnitts und die Lärmemissionen nehmen weiter zu.


Damian Wyss,
Co-Präsident SP Lausen

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