Dieser Text ist erstmal in der Oberbaselbieter Zeitung vom 04. September erschienen
An der letzten Landratssitzung wurden u.a. drei Initiativen schwerpunktmässig im Rahmen einer sogenannten ersten Lesung beraten. Die zweite Lesung und Schlussabstimmung darüber erfolgt dann in zwei Wochen. Neben der «Solar-Initiative» und einer Initiative zu «Tempo 30» ging es dabei um eine Gesetzesinitiative der SVP mit dem Titel «Vollumfänglicher Steuerabzug der selbstgetragenen Prämien der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (Prämienabzug für alle)». Gestützt auf diese Initiative sollen die Prämien neu zusätzlich und in effektiver Höhe unlimitiert von den Steuern abgezogen werden können. Der bisherige Pauschalabzug für alle übrigen Versicherungsprämien bliebe dabei bestehen. Gemäss Regierungsrat wäre bei Annahme der Initiative mit einem jährlichen Steuerausfall von CHF 85–95 Mio. für den Kanton und CHF 50–55 Mio. für die Gemeinden zu rechnen. Bei steigenden Krankenkassenprämien wird der Steuerminderertrag noch höher ausfallen.
In der Debatte zeigte sich rasch, dass diese verhängnisvolle Initiative von allen Fraktionen (ausser der SVP) zurecht abgelehnt wird. Finanzpolitisch sind Steuerausfälle in dieser Grössenordnung weder für den Kanton noch die Gemeinden verkraftbar und deshalb auch nicht zu verantworten. Es gibt aber auch weitere Gründe, weshalb diese SVP-Initiative abzulehnen ist: Ein Steuerabzug für Krankenkassenprämien würde die Steuerlast wegen der Steuerprogression insbesondere für finanzstärkere Haushalte senken. Aber das ist natürlich ein Hohn! Denn damit würden ja genau jene Personen in unserem Kanton am meisten von dieser SVP-Initiative profitieren, die am wenigsten unter der aktuellen Prämienlast leiden. In der Debatte habe ich deshalb darauf hingewiesen, dass das von der SVP verlangte Vorgehen an Ineffizienz eigentlich nicht mehr zu überbieten ist.
Auch gesundheitspolitisch hätte die SVP-Initiative Auswirkungen und würde zu einem krassen Fehlanreiz führen: Weil die resultierenden höheren Krankenkassenprämien voll steuerlich abzugsfähig wären, würden künftig die meisten auf die tiefste Franchisestufe wechseln. Eine systematische Einführung eines solchen Fehlanreizes durch eine unüberlegte SVP-Initiative können wir uns in unserem Kanton nicht leisten.
Urs Roth, Landrat SP, Niederdorf