Vermisst: Zusammenhängendes Denken

Gastkommentar in der ObZ vom 4. August 2016

Flächendeckend wurde in der vergangenen Woche in den regionalen Medien ein Leserbrief des Landrates Mathias Ritter (SVP) aus Diegten abgedruckt. Diese Aussagen können so nicht akzeptiert werden und enthalten auch Falschaussagen, die lediglich dazu dienen, Personen oder Organisationen zu verunglimpfen.

Es scheint in Mode zu kommen, gebetsmühlenartig Falschinformationen zu streuen, die von der geneigten Leserschaft gar nicht in Zweifel gezogen werden. (Werden wir Landräte und Politiker doch allgemein als Fachleute angesehen.) Doch zwischen reisserischem Stil à la SVP und fundierten Hintergrundinformationen bestehen noch Unterschiede. Wenn nun unser Diegter Landrat alt Regeriungsrat Urs Wüthrich vorwirft, der Ursprung des Schuldenbergs im Bildungswesen zu sein, so verrät er nicht nur, dass er vermutlich die Zahlen nicht studiert hat, sondern lässt auch das zusammenhängende Denken vermissen.

Nachfolgend ein paar Zahlen, die aus dem Landratsprotokoll entnommen worden sind. Darin werden schwarz auf weiss, quasi amtlich beglaubigt, die genauen Zahlen wiedergegeben. “Zuerst zu nennen ist der vielgescholtene Kostentreiber Bildung: Seit 2005 gab es insgesamt eine Steigerung um 9,4 Prozent. Kultur, Sport und Kirchen haben um 10 Prozent zugelegt. Die Soziale Sicherheit um 34 Prozent. Die öffentliche Ordnung und Sicherheit um 66,6 Prozent. Die Kosten für den Verkeht um 162 Prozent. Und die Gesundheitskosten um 225 Prozent.” (25. Juni 2015)

Wenn nun behauptet wird, dass unter Urs Wüthrich “der Verwaltungsapparat enorm aufgestockt wurde, was heute massgeblich zur Misswirtschaft beiträgt” (Zitat Ritter), so wird die Macht eines einzelnen Regierungsmitgliedes massiv überschätzt. Oder glaubt jemand wirklich im Ernst, dass die SP, (die letzten 12 Jahre mit 20 Prozent in der Regierung vertreten) gegenüber einer bürgerlichen Regierungsmehrheit ihre Vorstellungen von Verwaltung und Politik durchbringen kann? Eben.

Beim Leserbrief Schreiben und die aktuelle Situation im Kanton Kommentieren sollte der fundierte Schreiberling aufpassen, dass ihm bei genauer Betrachtung die Fakten der Feindbildpflege und ideologisch motivierten Behauptungen nicht unbequem in die Quere kommen. Zu guter Letzt noch ein persönlicher Tipp: Immer bei den Fakten bleiben, wenn Unsicherheiten auftauchen, Fachwissen beiziehen oder im Netz recherchieren, auch mal alte Landratsprotokolle studieren und im Zweifelsfalle besser einfach den Mund halten.

Ansprechpartner:innen zu diesem Thema

Beitrag teilen:

Facebook
Twitter
LinkedIn
Animation laden...Animation laden...Animation laden...

Newsfeed