Von der Solidarität zur Mitverantwortung

Gastkommentar in der bz vom 19.1.2016:

Vor dreissig Jahren bin ich in die Schweiz gekommen. Ich war ein kurdischer Flüchtling in Baselland. Meine Erinnerungen an diese Zeit im Exil sind geprägt von einem Gefühl des Alleinseins. Ich kannte niemanden und vor allem konnte ich die deutsche Sprache nicht. Da war nur diese Leere. Kontakt zur Schweizer Bevölkerung hatte ich wenig. Jeden Monat bekam ich Geld vom Staat, mit dem ich zurecht kommen musste. Jahre wartete ich darauf, den Entscheid meines Asylverfahrens zu bekommen. Es dauerte noch länger, bis ich hier Fuss fassen konnte. Zu Hause fühlte ich mich, als ich die Sprache sprechen, lesen und schreiben konnte. Erst dann konnte ich Arbeit finden und eine Existenz in der Schweiz aufbauen.

Heute lebe ich zusammen mit meiner Familie in Oberdorf. Wir betreiben das Restaurant Tigris, kennen viele Leute im Dorf und in der Umgebung. Wir sind jetzt gut integriert. Ich engagiere mich bewusst und gern als Bürger und Mitglied der SP für das Wohl der Gemeinschaft in unserer Gesellschaft. Deshalb schreibe ich nun über mein grösstes Anliegen in Bezug auf die Flüchtlingssituation in unserem Land, in unserem Kanton, in unserem Dorf.

Die Flüchtlingshilfe funktioniert heute besser als vor zwanzig Jahren. Aber die Grundfragen bleiben die gleichen. Wir erfahren, dass es mit der Zeit immer mehr Flüchtlinge geben wird. Womit werden sie leben können? Wie werden sie die Landessprache je lernen? Wie sollen sie sich integrieren in unserer für sie so fremden Kultur?

Es gibt grosse Empfangsstellen wie z.B. auf dem Glaubenberg, wovon neulich im Fernsehen berichtet wurde. Hunderte von Flüchtlingen werden dort untergebracht  und von Anfang an betreut werden. Sie haben Kontakt in Begegnungen mit andern Menschen in ihren und anderen Landessprachen und können sich von den Strapazen der Flucht erholen. Sie erleben eine konstante und funktionierende Infrastruktur und sie erhalten den ersten Unterricht in unseren Landessprachen. Diese Einführung soll eine schnellere Integration erleichtern.

Anders sieht es aus, wenn einzelne Flüchtlinge oder Flüchtlingsfamilien in einer Wohnung in einer Dorfgemeinde wohnen. Sie sind viel mehr auf sich gestellt. Sie bekommen zwar ihren monatlichen Geldbetrag vom Staat, dafür müssen sie ihren Alltag meist selber bestreiten. Sie bleiben oft allein oder unter sich, und warten auf den Entscheid.

Wie können wir helfen, Flüchtlinge in unseren kleinen Dörfern in positiver Art und Wiese zu empfangen, zu unterstützen, zu begleiten? Es braucht Freiwillige und bezahlte Helfer, die sich engagieren, die sowohl den Flüchtlingen im Alltag beistehen, als auch die Gemeinde beim Erfüllen der Anforderungen unterstützten. Hier braucht es eine bessere Koordination.

Dürfen die Flüchtlinge in unserem Land bleiben, sind sie weiterhin auf Hilfe angewiesen, nicht nur im finanziellen Bereich sondern viel mehr im mitmenschlichen Sinn, damit sie eigenständig werden können. Wir müssen ihnen die nötigen Hilfeleistung geben: Alltagsbetreuung, Sprachunterricht, Berufs- und Ausbildung. Meiner Meinung nach ist es von zentraler Bedeutung, dass diese Menschen so schnell wie möglich am Arbeitsprozess teilnehmen, damit sie selber etwas verdienen dürfen und sollen. Somit werden sie nicht abhängig von der Sozialhilfe bleiben sondern mitverantwortlich für ihr neues Leben werden.

Wir sollen für sie ein gutes Beispiel sein und ihnen zeigen, was es heisst, in einer Gemeinschaft aktiv mitzumachen, sich solidarisch zu engagieren, um anderen zu helfen, damit sie später auch ihren Beitrag für das Wohl der Gesellschaft zurückgeben können.


Salman Fistik, SP Bezirk Waldenburg

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