Vorstösse, Vorstösse, Vorstösse…

Sessionsbericht

Vorstösse, Vorstösse, Vorstösse…. beschäftigten in der Sommersession den Nationalrat, da tragende Geschäfte in den vorberatenden Kommissionen noch nicht abgeschlossen werden konnten.

Derweilen arbeitete die Verwaltung zusammen mit der Steuerungsgruppe der FinanzdirektorInnen und dem Finanzminister an den Eckwerten zur Neuauflage der Unternehmenssteuerreform III. Sie heisst jetzt SV 17 (Steuervorlage 17). Trotz neuer Etikette ist sie an der gescheiterten USR III zu messen. Bestätigt ist nun, dass eine korrigierte Vorlage innert kürzester Frist erarbeitet werden kann. Klar wird auch, dass die USR III überladen und intransparent war. Neu wird die Toolbox entschlackt, sozial mit Anpassungen bei der Dividendenbesteuerung etwas korrigiert. Soweit zum Positiven. Ausgewogen ist die Steuervorlage aber bei weitem noch nicht. Die Gegenfinanzierung ist nicht gesichert. Die Erhöhung der Kinderzulagen um 30 Fr. in 19 Kantonen bringt auch nicht den nötigen sozialen Ausgleich. Der Milliardenbschiss der USR II mit dem Kapitaleinlageprinzip, das steuerfreie Ausschüttungen ermöglicht, wird nicht korrigiert. Nachbesserungen sind dringend nötig. Der Zeitplan steht fest: Erst kommt die Vernehmlassung, dann anfangs 2018 die Botschaft des Bundesrats. Die Gesetzesberatungen werden die WAK N und S 2018 weitgehend in Beschlag nehmen. 

Erste Woche: Moratorium für die Poststellenschliessungen nicht diskutiert

1.Gleich zu Beginn der Sommersession war auch fraktionsintern eine Schutzklausel zu Gunsten der Wasserkraft im Gesetz zum Um- und Ausbau der Stromnetze umstritten. Eine neue Regel für die Grundversorgung, die den gebundenen Konsumentinnen und Konsumenten faktisch einen Abnahmezwang für die Wasserkraft auferlegen wollte, wurde auch von mir abgelehnt. Wasserkraftförderung ja – aber nicht auf dem Buckel der gefangenen kleinen Abnehmerinnen, zumal die Kostenfolgen für die Haushalte nicht beziffert werden konnten. Der Nationalrat beschloss eine Rückweisung dieser Bestimmung an die Kommission.

2.Der Abbau des Poststellennetzes stösst auf grossen Widerstand in der Bevölkerung. Die Debatte zur Motion der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen zu den Postellenschliessungen brachte keine Lösung. Die Beratung meiner Forderung nach einem Moratorium wurde auf später vertagt. Mit dem Argument, die Post verliere mit den Poststellen 200 Mio. Fr. im Jahr, verteidigte Doris Leuthard die Entscheide der Post. Die Auseinandersetzungen um die Poststellenschliessungen gehen weiter. 

3.Die Hotellerie kennt seit 1996 einen befristeten Sondersatz bei der Mehrwertsteuer. Er beträgt anstelle von 8 derzeit 3,8 Prozent, inklusive 0,2 % befristete Zuschläge. Aufgrund einer parl. Initiative von Dominique de Buman hat das Parlament eine befristete Weiterführung des Steuerprivilegs bis 2027 beschlossen. Das „kostet“ den Staat jährlich rund 200 Mio. Fr. Mindereinnahmen bei der Mehrwertsteuer, die damit wenig zielgerichtet verteilt werden. Aufgrund der prekären Lage vieler Beherbergungsbetriebe – auch aufgrund des zu starken Frankens – stimmte die SP der Verlängerung ebenfalls zu in der Hoffnung, dass diese zehn Jahre für die nötige Strukturbereinigung bei den Hotels und in der Tourismuspolitik genutzt werden.

4.Wer bislang nicht wusste, dass die Schweiz eine Hochseeflotte hat, weiss es spätestens seit der Debatte in der Sommersession, in der nachträglich 215 Mio. Fr. für fällige Bürgschaften für Handelsschiffe genehmigt werden mussten. Die Bürgschaften wurden seinerzeit vom Parlament auf Antrag des Bundesrats mit nur 2 Gegenstimmen bewilligt. Ob bei diesem Geschäft alles ordnungsgemäss ablief, wissen wir nicht. Das muss nun verwaltungsintern abgeklärt werden. Offenbar sind Bürgschaften für Handelsschiffe anfällig für Tricksereien, wie der Tages-Anzeiger schreibt. 
 

Zweite Woche: Keine Nachrüstung der F/A 18 für Bomben

5.Seit bald 20 Jahren ist die Schweizer Armee mit Swisscoy im Kosovo im Einsatz. Der Einsatz wurde jetzt vom Nationalrat mit 100 gegen 76 Stimmen um drei Jahre verlängert, wobei der Bestand bis 2020 auf 165 abgebaut werden soll. Es ist an der Zeit zu überprüfen, wie die Schweiz absehbar ganz aus diesem Engagement herauskommt.

6.Mit der Armeebotschaft 2017 hat der Nationalrat über 2 Mrd. Fr. Kredite für die Landesverteidigung genehmigt. Der grösste Posten entfällt mit 450 Mio. Fr. auf die Nachrüstung der F/A 18. Sie bleiben damit bis 2030 im Einsatz. Abgelehnt wurden vom Nationalrat wie zuvor vom Bundesrat zusätzliche 20 Mio. Fr. für die Aufrüstung der Kampfjets zum Erdkampf, d.h. zur Bombentauglichkeit. Wo Bomben in der dichtbesiedelten Schweiz und gegen welche Feinde eingesetzt werden sollten, konnten auch die Befürworter nicht aufzeigen. Mit 97 zu 85 Stimmen wurde das Ansinnen schliesslich abgelehnt.

7.Die Steuerhinterzieher-Initiative zum Schutz der Privatsphäre (sog. Matter-Initiative) und der direkte Gegenvorschlag fanden im Ständerat keine Unterstützung. Der Zweck des Gegenprojekts ist es einzig, den Rückzug der Initiative gesichtswahrend zu ermöglichen. Denn im Komitee dieser auch formal schlechten Initiative sitzt viel Prominenz auch aus CVP und FDP. Auch der Gegenvorschlag ist eine Zwängerei, da er die geltende Gesetzgebung zum Steuerhinterziehergeheimnis auf Verfassungsstufe zementieren will. Damit wird eine Rechtsentwicklung verhindert. Das steht im Widerspruch zur Weissgeldstrategie für den Finanzplatz. Deswegen lehnen auch die Banken sowohl Initiative wie auch Gegenvorschlag ab. Das Geschäft kommt jetzt in die Wirtschaftskommission zur Differenzbereinigung. 
 

Dritte Woche: Didier Burkhalter tritt überraschend zurück

8.Ein Trauerspiel mit gutem Ende war der Versuch der Bauern-Lobby, sich bei der direkten Bundessteuer der ordentlichen Besteuerung der Grundstückgewinne bei Verkauf von Bauland zu entziehen. Das Bundesgericht hatte hier zu Recht eine Praxisänderung verlangt. Das wollten Bauernvertreter sogar rückwirkend verhindern. Auch dank des Drucks der Medien wurde dieses verfassungswidrige Ansinnen versenkt.

9.Weit über den Ratssaal hinaus ist das Interesse an der Umsetzung der Parl. Initiative Reimann, mit der das Alter für die periodischen vertrauensärztlichen Kontrolluntersuchungen von 70 auf das 75 angehoben wird. „Freie Fahrt bis 75 Jahre“ lautete schlussendlich der Beschluss des Nationalrats. Die Mehrheit setzt auf die „Eigenverantwortung“, was immer das heisst, so auch beim Entscheid, inskünftig in den Autobahnraststätten auch den Verkauf und Ausschank von Alkohol zuzulassen. Ich habe beide Aufweichungen mit Überzeugung abgelehnt.

10.Zivildienstleistende sollen inskünftig benachteiligt werden. So will es eine gegen den Widerstand der SP überwiesene Motion. Zum einen sollen die bereits geleisteten Militärdiensttage nur mehr zur Hälfte angerechnet werden. Zum andern wird eine Uniform oder vergleichbare Kennzeichnungspflicht für die Zivildienstleistenden gefordert.  

11.Zum Schluss gab es noch eine bittere Pille in der Einigungskonferenz beim Nachtrag zum Voranschlag 2017 für die Bundesanwaltschaft mit Kürzungen von 700’000 Fr. Abgelehnt wurde auch ein Zusatzkredit von 10 Mio. Fr. für die IT bei der Steuerverwaltung als Nachfolgeprojekt für das gescheiterte „Insieme“. Das sind bei weitem nicht die einzigen Sparbeschlüsse. Verwaltungsintern und im Parlament wirken sich Sparbeschlüsse beim Personal stark aus.

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Am meisten Bewegung ausgelöst hat in der Sommersession der überraschende Rücktritt von Bundesrat Didier Burkhalter auf Ende Oktober. Die Ersatzwahl wird in der Herbstsession 2017 erfolgen. Das KandidatInnenkarussell wird die Medien den ganzen Sommer über beschäftigen. Der Ruf des Tessins ist unüberhörbar. Kaum zu hören sind bis jetzt die FDP-Frauen. Es fragt sich, wie sich der personelle Medienrummel auf den Abstimmungskampf zur Vorlage „Altersvorsorge 2020“ auswirken wird. Die Herbstsession wird reich befrachtet sein, da viele aufgeschobene Geschäfte behandelt werden müssen. Nächste Woche beenden wir zum Beispiel gleich im Anschluss an die Sommersession in der WAK die Beratungen zum Finanzdienstleistungs- und Institutsgesetz. An dieser Sitzung wird auch meine parlamentarische Initiative für den Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung – Aufgabe der Eigenmietwertbesteuerung – behandelt. Die übernächste Sitzung der WAK findet Mitte August im Herkunftskanton der Präsidentin, also im Kanton Basel-Landschaft statt.  

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