Eines der häufig gehörten Schlagwörter im vergangenen Jahr war das „Neue Normal“. Dazu habe ich viele Artikel über das Arbeiten im Home-Office gelesen. Dies wird, so vermute ich, eine der sichtbarsten Veränderungen für unseren Berufsalltag nach Corona sein. Nicht zuletzt werden wir deshalb darüber nachdenken müssen, wie zukünftig ein Wohnungsangebot aussehen muss, das diesen veränderten Bedürfnissen gerecht wird.
In Bezug auf das „Neue Normal“ beschäftigt mich aber vor allem die Frage, was wir aus der Krise lernen und wie wir diese Erkenntnis nutzen, um unsere Zukunft nachhaltiger zu gestalten. Oder wie es Emanuel Rahm, der erste Stabschef von US-Präsident Barack Obama, angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 ausgedrückt hat: „Man sollte eine schwere Krise nicht verschwenden. Es ist die Gelegenheit, Dinge zu tun, die vorher nicht möglich waren.“
Zuletzt hat mich der Weitblick der spanischen Aussenministerin Arancha González beeindruckt. Im Dezember hat sie in einem Interview mit Radio DRS erläutert, wie sie die Gelder aus dem EU-Hilfsfonds für eine Wandlung der Wirtschaft einsetzen möchte: die Wirtschaft digitalisieren, loskommen von der Kohleenergie hin zu nachhaltiger Energie, Gleichstellung von Mann und Frau fördern und die Bekämpfung der Armut. Ihr geht es nicht um eine möglichst rasche Rückkehr zum Zustand vor Corona. Nein, Spanien lernt aus der Krise und investiert in wirtschaftliche Entwicklungen die zukunftsorientiert sind.
Und wie gehen wir hier mit dieser Gelegenheit zum Umdenken – dem Weg zum „Neuen Normal“ – um? Ich habe den Eindruck, dass wir uns immer noch zu einseitig an dem, was gestern gut funktioniert hat, orientieren. Dabei könnte die Krise ein Treiber von neuen zukunftsweisenden Lösungen sein.
Als kritischer Wirtschaftsfaktor in der Corona-Krise hat sich die starke Abhängigkeit von der globalen Arbeitsteilung und den globalen Lieferketten herausgestellt. Hier ist ein Umdenken angesagt, hin zu einer kleinräumigeren breit abgestützten Wirtschaft mit vermehrter lokaler Produktion, die mit einer lokalen Wertschöpfung einhergeht.
Das notwendige Umdenken bietet sich auch dazu an, den Klimaschutz als wirtschaftliche Chance zu nutzen. Klima und Umweltschutz sind die Treiber für eine nachhaltige Wirtschaft und zukunftsfähige Jobs. “Erneuerbare Energien sind deutlich beschäftigungsintensiver als herkömmliche Branchen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsförderung, DIW, rechnet mit rund 800.000 neuen Jobs in den nächsten zehn Jahren – vorausgesetzt, die Regierung investiert jetzt mutig in Zukunftstechnologien. Bis jetzt ist eine konsequente Neuausrichtung der Wirtschaft auf Nachhaltigkeit und Digitalisierung leider ausgeblieben. Dabei ist effektiver Klimaschutz eine riesige wirtschaftliche Chance“, schreibt Claudia Kemfert. Sie leitet die Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin.
Welche Wirtschaftszweige bieten unter diesen Gesichtspunkten nach Corona eine Chance für eine zukünftige Wirtschaftsentwicklung in der Region? Die Ansiedlung und gezielte Förderung von innovativen Betrieben im Bereich des Klimaschutzes muss für das Baselbiet ein neues Standbein werden.
Ich wünsche uns allen ein hoffnungsvolles 2021 – auf dem Weg zu einem nachhaltigen „Neuen Normal“.