Am 8. Juli hat die Baselbieter Regierung Sparmassnahmen zur Sanierung der Baselbieter Finanzen vorgestellt. Über Sinn und Unsinn dieser Vorlagen wurde und wird heftig diskutiert und gestritten. Dabei rückt jedoch die Tatsache in den Hintergrund, dass eine der wichtigsten Institutionen im Baselbiet, die Fachstelle für die Gleichstellung von Mann und Frau, einmal mehr unter Beschuss gerät. Um deren Relevanz zu verstehen, hilft ein Abriss über die heutige gleichstellungspolitische Situation.
Nach einem jahrzehntelangem Kampf von fortschrittlichen Menschen wurde schliesslich 1981 die Gleichberechtigung von Frau und Mann in der Bundesverfassung verankert. Leider ist diese aber bis heute nicht Realität. Frauen verdienen für die gleiche Arbeit im Schnitt ein Fünftel weniger als Männer und sind von Unterbeschäftigung und Mehrfachjobs stärker betroffen. Frauen und Männer werden tagtäglich durch Geschlechternormen eingeschränkt und diskriminiert. Männer stehen gleichzeitig unter hohem gesellschaftlichen und finanziellen Druck, als Ernährer der Familie zu wirken, was sie davon abhält, ihr Pensum zu reduzieren. Zudem lassen es viele Arbeitgeber auf gewissen Etagen gar nicht zu. Ein Vaterschaftsurlaub steht zwar nun in den Räten zur Diskussion, doch bis heute besteht keine gesetzliche Verankerung und ein Vaterschaftsurlaub existiert nur in vereinzelten Unternehmen.
Unbezahlte Arbeit wie Haus- und Betreuungsarbeit wird zu rund 65% von Frauen übernommen, Erwerbsarbeit wird zu rund 76% von Männern übernommen. Ein Grund dafür sind die weit verbreiteten Rollenstereotypen, andererseits existieren heute jedoch klare Nachteile einer egalitären Rollenteilung: Das Familieneinkommen wird kleiner, da die Frau weniger verdient, das Steuersystem benachteiligt egalitäre Modelle und familienergänzende Kinderbetreuung ist sehr teuer. Bei unbezahlter Arbeit ist jedoch nicht nur der direkte Einkommensverlust das Problem: Die Auswirkungen auf die Altersvorsorge sind gravierend und der Ausgleich durch Erziehungsgutschriften nur minim.
Heutzutage leben lange nicht alle Kinder mit Vater und Mutter. Patch-Work-Familien, Alleinerziehende und Regenbogenfamilien kommen immer häufiger vor, deren rechtliche Situation gilt es zu verbessern und deren Akzeptanz in der Gesellschaft muss unbedingt gestärkt werden. Die Anerkennung zweier Mütter oder zweier Väter eines Kindes ist rechtlich nicht möglich und Personen, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben, sind weder zur Adoption noch zu fortpflanzungsmedizinischen Verfahren zugelassen. Die Diskriminierung homosexueller Menschen ist systematisch.
All diese Baustellen auf dem Weg zu einer gleichgestellten Gesellschaft, in der sich Frauen und Männer freier bewegen können, zeigen: Der Gleichstellungsartikel von 1981 ist noch lange nicht Realität. Angriffe auf die Fachstelle für Gleichstellung im Baselbiet zeugen deshalb von Kurzsichtigkeit, Ignoranz und einem Gesellschaftsideal, das ins letzte Jahrhundert gehört.